Wenn man sich in der Masse trotzdem allein fühlt

Viele denken, Cons und Community bedeuten automatisch Anschluss. Aber viele Cosplayer stehen trotz Gruppenfotos und Likes innerlich völlig allein da. Ein sehr emotionales Thema, das oft verschwiegen wird.

Podcast-Folge 11: Cosplay und Einsamkeit – Wenn man sich in der Masse trotzdem allein fühlt

Es gibt diesen Moment, wenn du auf einer Convention stehst.
Um dich herum Hunderte, vielleicht Tausende Menschen.
Kostüme. Blitzlichter. Gelächter. Lärm.
Und trotzdem ist da ein Gefühl, das sich durch alles hindurchzieht:
Du bist allein.

Nicht, weil niemand da ist. Sondern weil du innerlich nicht ankommst.
Weil du zwar Teil der Menge bist – aber kein Teil von irgendwem.
Du lächelst für die Kamera, du posierst, du triffst Bekannte.
Und trotzdem: Die Leere geht nicht weg. Sie klebt an dir, zwischen den Momenten.

Einsamkeit in der Cosplayszene ist ein Thema, das fast niemand anspricht.
Weil es nicht in das Bild passt. Weil es peinlich wirkt, traurig klingt, nach „selber schuld“.
Aber es ist da. Und es ist echt. Und wenn du es gerade fühlst – dann bist du damit nicht der Einzige.

Es fängt oft ganz harmlos an.
Du bereitest dich auf eine Con vor. Wochenlang basteln, planen, schwitzen. Du träumst davon, Freunde zu treffen, Anschluss zu finden, gesehen zu werden. Aber dann stehst du da – im fertigen Cosplay – und merkst: Alle haben ihre Gruppen. Ihre Insider-Witze. Ihre Abläufe.
Du kommst nicht rein. Oder nur so halb. Und dieses „halb“ tut oft mehr weh als gar nicht.

Gerade in einer Szene, die so stark von Bildern lebt, fühlt sich Einsamkeit besonders fies an.
Alle sehen so verbunden aus. So glücklich.
Aber viele davon spielen auch nur eine Rolle – nicht nur im Cosplay, sondern emotional.
Es ist leicht, sich auf Social Media als Teil einer Gemeinschaft zu zeigen.
Aber was ist, wenn du abends ins Hotelzimmer kommst – und da ist niemand, der fragt, wie’s dir geht?
Wenn du deine Perücke absetzt – und keiner da ist, der dich ohne sie auch sieht?

Es gibt Cosplayer, die planen Con-Besuche mit präziser Strategie.
Nicht, weil sie so organisiert sind – sondern weil sie Angst haben, verloren zu gehen.
Wörtlich und im übertragenen Sinn. Sie suchen Gruppen, schließen sich Cosplay-Treffs an, posten in Discord-Servern. Weil sie nicht wieder dastehen wollen, wie beim letzten Mal:
Allein im Flur. Mit dem Handy in der Hand. Und niemand, der schreibt: „Wo bist du?“

Einsamkeit ist kein Zeichen von Schwäche.
Sie ist oft ein Produkt aus überhöhten Erwartungen, Unsicherheiten und Strukturen, die nicht wirklich inklusiv sind – auch wenn sie so tun. Viele Gruppen in der Szene wirken offen, aber sie sind engmaschig. Da zählt oft nicht, wie du bist, sondern wie du aussiehst, wen du kennst, wie aktiv du bist. Und wenn du das nicht bedienen kannst – bleibst du außen vor.

Für viele Cosplayer ist das Hobby ein Ventil.
Aber auch ein Risiko.
Weil es so viel Persönliches transportiert.
Wenn du dich in einen Charakter steckst, dann zeigst du auch ein Stück von dir.
Wenn das dann unbeachtet bleibt oder gar belächelt wird – dann trifft es dich direkt im Kern.
Und das verstärkt das Gefühl, nicht dazuzugehören.

Es gibt da diesen stillen Schmerz, der entsteht, wenn du versuchst, Anschluss zu finden –
aber immer nur kurz geduldet wirst.
Du wirst in Gruppenfotos eingeladen, aber keiner merkt, dass du am Ende immer alleine isst.
Du wirst markiert, aber nicht gefragt, wie dein Tag war.
Du bist sichtbar – aber nicht gemeint.

Und dann fängst du an, an dir zu zweifeln.
„Bin ich zu ruhig?“ „Bin ich zu viel?“ „Warum klappt das bei den anderen und bei mir nicht?“
Und ehe du dich versiehst, wird aus dem Hobby, das dir eigentlich Kraft geben soll, ein Spiegel deiner Unsicherheit.

Aber genau hier beginnt auch der Wendepunkt.

Weil du dir bewusst machen darfst: Diese Szene ist nicht gleich deine Szene. Und diese Gruppe ist nicht die einzige Gruppe. Nur weil du dich in einem Umfeld nicht zuhause fühlst, heißt das nicht, dass du falsch bist. Vielleicht bist du nur am falschen Ort.

Einsamkeit lässt sich nicht wegreden. Aber sie lässt sich begegnen. Ehrlich, direkt, ohne dich zu verbiegen.  Es geht nicht darum, auf Biegen und Brechen „dazu“ zu gehören. Sondern darum, dich selbst nicht zu verlieren in dem Wunsch, gemocht zu werden.

Es hilft, dir Räume zu suchen, in denen du sein darfst, wie du bist. Kleinere Gruppen. Menschen, die zuhören. Offline-Kontakte. Nicht jeder „Hype“-Cosplayer ist automatisch ein guter Mensch.
Und nicht jede stille Person ist automatisch allein. Aber: Wenn du gerade diesen Text fühlst – dann darfst du wissen, dass du nicht der Einzige bist.

Es gibt da draußen Menschen, die dich sehen werden.
Die dich nicht nur wegen deines Cosplays, sondern wegen deines Wesens schätzen.
Aber du wirst sie nicht finden, wenn du ständig nur versuchst, irgendwo reinzupassen.
Du findest sie, wenn du authentisch bleibst – auch wenn das manchmal einsam wirkt.

Vielleicht musst du durch ein paar leere Cons. Vielleicht musst du ein paar Gruppen verlassen, damit du irgendwann die richtige findest. Und ja, das tut weh. Aber es ist der Preis für Echtheit. Und Echtheit lohnt sich.

Denn am Ende ist das, was dich ausmacht, nicht dein Kostüm.
Sondern dein Herz, dein Mut, deine Art, Dinge zu fühlen.
Und wenn du diese Art bewahrst, dann wirst du genau die Menschen treffen, die dich dafür feiern – nicht trotz, sondern wegen deiner Art.

Bleib mutig! – Dein ArtymusCrafts