Zwischen Inspiration und Selbstzweifel

Du scrollst durch dein Feed.
Ein Bild. Noch eins. Und noch eins.
Perfekte Posen. Requisiten wie aus dem Filmstudio. Retuschierte Haut, strahlendes Licht.
Und irgendwo dazwischen: du. Mit deinem unfertigen Projekt. Mit dem Gefühl, nicht mitzuhalten.

Und plötzlich ist er da – dieser dumpfe Stich.
Nicht laut, nicht dramatisch. Aber deutlich. Diese kleine, leise Stimme in deinem Kopf, die dir sagt:
„Ich bin nicht gut genug.“

Kennst du das?
Du wolltest dich eigentlich inspirieren lassen doch was bleibt, ist ein nagender Zweifel.

Cosplay lebt von Ideen, von Hingabe.
Doch in dieser Flut aus scheinbarer Perfektion beginnt dein Blick, sich zu verengen.
Du schaust nicht mehr auf dein Werk – sondern nur noch auf das, was anderen gelingt.
Und das fühlt sich an, als würdest du mit leeren Händen am Rand stehen, während andere das Rampenlicht ausfüllen.

Ich habe das schon oft gesehen.
Nicht in irgendwelchen Online-Diskussionen. Sondern live. In Gesprächen am Stand. In den stillen Momenten nach einem Workshop. Zwischen zwei Veranstaltungen, wenn die Rüstung ausgezogen und das Lächeln abgelegt ist.

Dann erzählen mir Cosplayer von ihren Zweifeln.
Von der Frage, warum ihr Werk nie so aussieht wie das von anderen. Warum ihre Posts weniger Reichweite bekommen. Warum sie sich manchmal einfach… nicht gesehen fühlen.

Und ich sehe ihre Augen.
Diese Mischung aus Stolz und Unsicherheit. Aus Liebe zur Sache – und Angst, nicht zu genügen.

Das ist kein Einzelfall.
Das ist Alltag. Ich habe das nicht einmal gehört – sondern hundertfach. Und genau deshalb spreche ich es hier aus.

Du siehst auf Social Media einen Bruchteil der Realität.
Du siehst das Licht – aber nicht die Schatten. Du siehst das fertige Werk – aber nicht die zerbrochenen Teile auf dem Weg dorthin. Du siehst das Lächeln – aber nicht die Tränen, die vielleicht kurz davor geflossen sind.

Du vergleichst dein „Work in Progress“ mit einem „Best of“ anderer Menschen.
Das kann nicht funktionieren. Und es tut auch nicht gut.

Denn Cosplay ist kein Wettkampf.
Es ist keine olympische Disziplin mit Medaillen. Es ist ein kreatives Zuhause. Ein Ort, an dem du dich ausdrücken darfst. Auf deine Art. Mit deinen Mitteln.

Nicht alle haben ein Studio.
Nicht alle haben Budget für LEDs, Thermoplast oder Airbrush. Manche arbeiten spät nachts am Küchentisch, wenn der Tag eigentlich schon zu viel war. Und trotzdem entsteht da etwas.
Mit jeder Heißklebenaht, mit jedem Pinselstrich. Nicht perfekt – aber ehrlich.

Das ist das, was zählt.
Nicht das Hochglanzbild am Ende. Sondern der Weg dorthin. Der Mut, es überhaupt zu versuchen.

Und genau diesen Mut sehe ich bei so vielen Cosplayern – auch wenn sie ihn selbst oft nicht mehr erkennen. Weil sie ihn unter einem Berg aus Vergleichen begraben haben.

Aber du darfst auf dich selbst stolz sein.
Nicht später – sondern jetzt. Nicht erst, wenn du mehr Likes bekommst. Nicht erst, wenn andere es „gut finden“. Sondern einfach, weil du dranbleibst. Weil du dich ausdrückst, in einer Welt, die viel zu oft nur das Glatte zeigt.

Vielleicht sieht dein Cosplay nicht aus wie das von XYZ.
Aber vielleicht war es genau dein Bild, das jemandem den Mut gegeben hat, selbst anzufangen.
Vielleicht warst du das Vorbild, obwohl du selbst dachtest, du seist noch weit davon entfernt.

Du weißt nie, wer gerade zu dir aufschaut – während du selbst noch nach oben schaust.

Und wenn du dich vergleichst, dann vergleiche ehrlich. Nicht dein Heute mit dem Endprodukt eines anderen. Sondern dein Jetzt mit deinem Gestern.

Schau zurück.
Wie sah dein erstes Cosplay aus? Wie unsicher warst du beim ersten Auftritt? Und wie weit bist du gekommen – trotz allem?

Das ist der einzige Vergleich, der zählt.

Es geht nicht darum, wie perfekt etwas aussieht.
Sondern darum, wie viel von dir drinsteckt. Dein Stil. Deine Energie. Deine Geschichte.

Lass dich inspirieren – aber lass dich nicht erdrücken.
Feiere andere – aber vergiss nicht, dich selbst zu feiern. Denn dein Weg ist nicht weniger wert, nur weil er anders aussieht.

Du hast nicht genäht, geschliffen und gezweifelt, um dich am Ende selbst zu übersehen.
Du hast es gemacht, weil etwas in dir gesagt hat: „Das bin ich. So will ich mich zeigen.“

Cosplay ist nicht dafür da, dich zu vergleichen.
Es ist dafür da, dich zu entfalten. Und das darf auf viele Arten geschehen.
Echt. Unperfekt. Kraftvoll.

Denn manchmal braucht es nur einen ehrlichen Blick – um zu sehen, wie weit du wirklich gekommen bist.

Bleib mutig – Dein ArtymusCrafts